Samuel Taylor Coleridge

1772 – 1834           Großbritannien

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In Übersetzungen von

Sibylle Ferner

 

 

Der Poet in den Wolken

Wie angenehm, den heitren Sinn zu lenken,
im Abendlicht und dann im Mondenschein
den Wolken eigne Formen anzudenken,
dem Auge, das so leicht drauf fällt herein,

versichern, dass ein Abbild sei zu sehen
des Freundes Phantasiegestalt und dann
geneigten Blicks am Fluss aus Gold zu stehen,
die Ufer rötlich, wo ein Wandersmann

streift durch die Hügel hier im Wolkenland,
hört Brandung rauschen bei verschlossner Sicht,
der blinde Barde sein am Chios-Strand,

beim Donnerton schien ihm das innre Licht,
sah er die Ilias, die Odyssee
erheben sich zu stimmenreicher See.

 

 

 

 

An die Natur

Hab ich mich wohl in Phantasien verstiegen,
wenn stets für mich aus allen Schöpfungsdingen
ganz tief empfundne Freude will entspringen
und ich in Laub und Blumen, die hier liegen

noch Liebeslehren find, erfüllt von Dankbarkeit?
Sei’s drum; und sollt' die Welt auch singen
ein Spottlied drauf, so wird mir dieses bringen
weder Furcht noch Kummer noch Verlegenheit.

Ich bau mir also den Altar im Feld,
der blaue Himmel sei des Domes Zier,
und süßen Blumenduft hab ich gewählt

als Weihrauch, den ich sende auf zu Dir,
Dir einz’gem Gott, der Du mich nicht verachte,
den Priester, der dies’ arme Opfer brachte.